Adam und Eva an der Krippe, Predigt über Lukas 2,1-15, Christvesper 2016 / Johanneskirche Bühl

Immerhin haben die Beiden hier vorne was an, liebe weihnachtliche Gemeinde. Nicht wirklich besonders schick und passend zu den Fest- und Feiertagen: SIE ein sehr kurzes und sehr eng anliegendes Kleid und ER so eine Art Schürze. Aber immerhin haben die Beiden überhaupt was an. Denn das war nicht immer so. Ursprünglich nämlich liefen sie so herum wie Gott sie einst geschaffen hatte. Das ist eine uralte Geschichte. Aber ein wenig von dieser alten Geschichte soll heute erzählt werden. Denn die beiden Figuren, die ich in diesem Jahr aus dem Krippen-Ensemble herausgeholt habe (in absehbarer Zeit sind wir mit allen durch). Die beiden also, die heute hier im hellen Licht stehen dürfen auf dem Altar – diese Beiden sind nicht irgendein Mann und irgendeine Frau, sondern sozusagen jedermann und jedefrau. Es sind nämlich Adam und Eva, immerhin bekleidet.

Wie war das eben? Was hat er da gesagt? Manche kratzen sich jetzt (wenigstens so in Gedanken) mal am Kopf. Denn eigentlich haben wir im Reliunterricht schon aufgepasst. Und soweit wir die Bibel kennen, gehören Adam und Eva doch bitteschön ganz an den Anfang der biblischen Geschichte: 1. Buch Mose, Kapitel 1 bis 3. Das ist der Auftakt zur Bibel und zum Alten Testament. Weihnachten dagegen war ein paar Epochen später, vor gut 2000 Jahren nämlich, als das mit dem Neuen Testament anfing und mit der Jesus-Geschichte. Und wir sind hier doch im Weihnachtsgottesdienst? – Zweifellos! Und es stimmt natürlich: von Adam und Eva ist in den Geschichten von der Geburt Christi nirgendwo die Rede.

 

Und doch! Die Beiden gehören heute hierher. Sie gehören tatsächlich zur Weihnachtsgeschichte dazu. In manchen Krippendarstellungen kann man sie entdecken, Adam und Eva, neben Hirten und Königen und andern Gestalten beim neugeborenen Jesuskind. Und – manche wissen es vielleicht noch: der 24. Dezember, Heilig Abend, ist der klassische Gedenktag und Namenstag für Adam und Eva, auch in der evangelischen Tradition. Und wenn wir schon dabei sind – der Christbaum steht seit jeher als Bild für den Paradiesbaum und für den Baum des Lebens, behängt mit roten Äpfeln oder später mit roten Kugeln. Da kommt tatsächlich unser Christbaum her, aus dem Paradies, sozusagen der jährliche Fleurop-Gruß von Adam und Eva. Wobei „Adam“ eigentlich kein Name ist, sondern einfach „Mensch“ bedeutet oder Menschheit. „Adamah“ ist im Hebräischen die „rote Erde“, so dass man Adam auch mit „Erdling“ übersetzen könnte. Und so sieht unsere Tonfigur auch aus. Entsprechendes gilt für „Eva“, auch kein Eigenname, sondern eher ein Sammelwort. Übersetzt heißt Eva: lebendig, die Lebendige!

 

Und so stehen sie hier vorne an der Krippe, Adam und Eva, zwei gewichtige Gestalten, also wirklich schwer. Ich hatte sie in den letzten Tagen in mein Arbeitszimmer verschleppt, um sie ein wenig besser kennenzulernen. Witzig übrigens, dass sie bei aller weiblich/männlichen Verschiedenheit sich doch so ähnlich sind. Beide halten Kopf ein wenig schief und nach links geneigt, also zum Herzen hin. Beide haben kräftige Hände, die was schaffen und anpacken können – vor der Krippe aber sind sie wie zum Gebet zusammengelegt. Und beide haben große Ohren. Obwohl das mit dem Hören und Gehorchen da am Anfang in der Urgeschichte ganz schön schief gegangen ist. – Aber was fangen wir jetzt mit diesen Beiden an, heute, am Heiligen Abend? Was machen wir mit Adam und Eva zum Weihnachtsfest? Was haben sie uns zu sagen? – Drei Antworten wie drei rote Äpfel, drei knackige und vitaminreiche Früchte gebe ich euch heute mit:

  1. mit Adam und Eva stehen wir alle an der Krippe Jesu; Gott zieht – und dafür stehen diese Beiden – Gott zieht alle Menschen in seine Geschichte mit hinein
  2. Gott fängt zum Christfest neu mit seinen krummen und verformten Menschen an, mit uns zerbrechlichen und angeschlagenen Menschen
  3. Und schließlich: Fürchtet euch nicht! Die Botschaft des Engels trifft vor allem Adam und Eva ins Herz

Aber und das ist das Zweite. Sie stehen auch für die Gemeinschaft der Beschenkten. Denn nur dazu stehen Adam und Eva mit all den anderen Leuten Schlange an der Krippe: es gibt Geschenke!! Und Gott fängt zum Weihnachtsfest neu an mit seinen so zerbrechlichen und angeschlagenen Menschen. Dabei hätte er diese etwas verformten Figuren ja auch wieder einstampfen können. Schönheitspreise kriegen die nicht. Er hätte sich nach all dem Ärger durchaus mit neuen Projekten beschäftigen können, irgendwo anders in seinem großen Universum. Hat er aber nicht. Im Gegenteil. Gott hat sich noch viel intensiver und noch inniger mit uns beschäftigt. Ja er hat sich schließlich völlig mit uns identifiziert. Er ist einer von uns geworden. Was für ein Statement! Was für ein Bekenntnis! Gott wird ein Mensch! Ja sogar: Gott wird ein Menschenkind, damit wir Menschen Gottes Kinder werden. Nicht mehr nur Geschöpfe, alle einzigartig kreiert auf Gottes Töpferscheibe. Sondern Kinder Gottes, wie sein Fleisch und Blut, Gottes Familie, Brüder und Schwestern, durch Gottes Sohn in die Familie aufgenommen und adoptiert. – Davon hätten Adam und Eva nie zu träumen gewagt. Gott drückt nicht den ReSet-Knopf, keine neue Staffel oder Neuauflage, sondern eine völlig neue und unglaubliche Geschichte. Gott wird einer von uns, damit wir für immer zu ihm gehören. Er schließt das Paradies wieder auf und öffnet den Zugang zum Baum des Lebens neu, für uns, und sogar gratis, Eintritt frei! Kein Wunder, dass Adam und Eva der Mund offen steht. Denn so kannten sie Gott bisher noch nicht. Er hatte es sich noch mal anders überlegt, nach all dem Frust, nach all den Respektlosigkeiten und der selbstzerstörerischen Art seiner Menschen, fängt Gott noch mal von vorne an, mit einem völlig neuen, waghalsigen Konzept. Er wird ein Mensch. Und dieser neue Weg wird am Ende nicht Adam und Eva, sondern ihn das Leben kosten. Tatsächlich – Liebe! Das muss es sein. Dass Gott sich so sehr nach uns Menschen sehnt, nach Dir.

Auch wenn es Leute gibt, die durch den Terror genau das erreichen wollen. Dennoch: Fürchtet euch nicht! Auch wenn es Leute gibt, die durch Gerüchte und durch Lügen Ängste säen wollen. Dennoch und erst recht: Lasst euch nicht bange machen! Auch wenn die Kräfte und politischen Gewichte sich in unserer Welt verschieben. Auch wenn das Klima rauher wird und hitziger und wenn die Hass- und Falschmeldungen unseren Zusammenhalt beschädigen. Dennoch und erst recht: Fürchtet euch nicht! Verbündet euch hier in der christlichen Gemeinde. Mischt euch in die Debatten ein, dass wir den Schreiern nicht das Feld überlassen. Seid furchtlos ehrlich und liebevoll ehrlich und fangt in euren Partnerschaften und in den Familien an. Habt Adam lieb – also die Menschen alle. Habt Eva lieb, also das Leben – jedes Leben. Und scheut euch nicht, klein anzufangen, so wie Gott in Jesus Christus, immer wieder. Mach’s wie Gott und werde Mensch! Bei Christus, an der Krippe, gibt es alles, was Du dazu brauchst. Gib Dich ihm, mit Haut und Haaren und mit Deiner Furcht. Und empfang Dich neu aus seiner Hand. So dass er uns an Heilig Abend sagt: Fürchtet euch nicht. Die große Freude kommt! Und damit redet Gott Adam und Eva hier mitten ins Herz. Fürchtet euch nicht! Das ist die Botschaft des Engels an die Hirten und an uns alle. Fürchtet euch nicht! Denn euch ist heute der Heiland geboren, der Erlöser und Befreier, der den Weg öffnet ins Paradies, also in die Lebensgemeinschaft mit Gott. Fürchtet euch nicht!! Dabei – das muss man wissen, um die Tiefe und die Wucht dieses Satzes zu begreifen – dabei war die Furcht die erste tiefste menschliche Empfindung nach dem Vertrauensbruch in Gottes Garten. So wird es in der Urgeschichte erzählt. Sie konnten nicht mehr zu sich selber stehen, sie verhüllten und verbargen sich in selbstgemachten Kleider, und sie versteckten sich im Unterholz … denn sie fürchteten sich! So steht es da. Die Furcht vor Gott; die Furcht vor dem Entdeckt werden – wenn jemand sieht, wie ich wirklich bin; die Furcht vor einer ungewissen Zukunft und vor allem Neuen, Fremden; die Furcht vor Strafe und die Furcht vor mir selbst – weiß ich, wozu ich fähig bin? Und die Furcht vor dem Schmerz, den andere mir und den ich anderen zufüge; die Furcht vor dem Sterben und die Furcht vor dem Leben … Und da sagt Gott anders als damals in der Urgeschichte zu Adam und Eva: Fürchtet euch nicht! Fürchtet euch nicht! Das sagt auch Jesus Christus später immer wieder, im Sturm auf dem See und nachdem er den Tod entmachtet hat: Fürchtet euch nicht!

In dieser Not- und Schicksalsgemeinschaft gehören wir Menschen alle zusammen. Und es ist wichtig, das in unseren unruhigen Zeiten und in den Tagen neuer nationalstolzer Töne wieder zu begreifen. Denn freilich bin ich gerne Deutscher, und ich mag den Ort, an dem ich lebe, und das Land und seine Menschen, und ich darf auch meine Lebensart und vor allem meine Familie und unsere Lebensgemeinschaft hier schützen. Aber es gibt doch im Ernst keinen Grund dafür, dass wir uns über irgendein Land, über irgendein Volk, irgendeine Kultur oder eine Religion erheben: die Mexikaner oder die Tunesier, früher waren es die Franzosen. Für die Not- und Schicksalsgemeinschaft aller Menschen stehen Adam und Eva heute zur Erinnerung hier an der Krippe. Denn das Christentum war von Anfang an grenzüberschreitend und grenzüberwindend in einer großen mitmenschlichen Solidarität – die Solidarität der Sünder, die Solidarität der verletzenden und verletzlichen Menschen. Dafür stehen Adam und Eva!

Mit Adam und Eva stehen wir alle an der Krippe Jesu; Gott zieht – und dafür stehen diese Beiden – Gott zieht alle Menschen in seine Geschichte mit hinein. Entsprechend werden wir es nachher nämlich miteinander singen: Ich steh an Deiner Krippen hier … Ich steh dort auch. Denn Adam steht für jeden Menschen. Und Eva steht für jeden Menschen. Es ist in Wahrheit unsere Geschichte, die zu Beginn in der Bibel erzählt wird. Es ist die menschliche Geschichte überhaupt. Die Geschichte der zerbrochenen Beziehungen; die Geschichte des Misstrauens und des Verrats; die Geschichte von verletzten Grenzen und von Schuld und Scham; die Geschichte des Neids und meiner Furcht, zu kurz zu kommen. Es ist unsere ureigene Geschichte. Adam und Eva stehen stellvertretend für uns alle. Schon darum ist das mit „die Eva war’s“ – also „die Frau ist schuld“ und „hätte sie sich nicht bequatschen lassen“ oder „hätte Adam damals nicht“ – dieser ganze Verschiebebahnhof ist dummes Zeug und zeigt nur umso deutlicher wie wir Menschen alle ticken und wie wir verbunden sind miteinander.

In dieser Not- und Schicksalsgemeinschaft gehören wir Menschen alle zusammen. Und es ist wichtig, das in unseren unruhigen Zeiten und in den Tagen neuer nationalstolzer Töne wieder zu begreifen. Denn freilich bin ich gerne Deutscher, und ich mag den Ort, an dem ich lebe, und das Land und seine Menschen, und ich darf auch meine Lebensart und vor allem meine Familie und unsere Lebensgemeinschaft hier schützen. Aber es gibt doch im Ernst keinen Grund dafür, dass wir uns über irgendein Land, über irgendein Volk, irgendeine Kultur oder eine Religion erheben: die Mexikaner oder die Tunesier, früher waren es die Franzosen. Für die Not- und Schicksalsgemeinschaft aller Menschen stehen Adam und Eva heute zur Erinnerung hier an der Krippe. Denn das Christentum war von Anfang an grenzüberschreitend und grenzüberwindend in einer großen mitmenschlichen Solidarität – die Solidarität der Sünder, die Solidarität der verletzenden und verletzlichen Menschen. Dafür stehen Adam und Eva!

Aber und das ist das Zweite. Sie stehen auch für die Gemeinschaft der Beschenkten. Denn nur dazu stehen Adam und Eva mit all den anderen Leuten Schlange an der Krippe: es gibt Geschenke!! Und Gott fängt zum Weihnachtsfest neu an mit seinen so zerbrechlichen und angeschlagenen Menschen. Dabei hätte er diese etwas verformten Figuren ja auch wieder einstampfen können. Schönheitspreise kriegen die nicht. Er hätte sich nach all dem Ärger durchaus mit neuen Projekten beschäftigen können, irgendwo anders in seinem großen Universum. Hat er aber nicht. Im Gegenteil. Gott hat sich noch viel intensiver und noch inniger mit uns beschäftigt. Ja er hat sich schließlich völlig mit uns identifiziert. Er ist einer von uns geworden. Was für ein Statement! Was für ein Bekenntnis! Gott wird ein Mensch! Ja sogar: Gott wird ein Menschenkind, damit wir Menschen Gottes Kinder werden. Nicht mehr nur Geschöpfe, alle einzigartig kreiert auf Gottes Töpferscheibe. Sondern Kinder Gottes, wie sein Fleisch und Blut, Gottes Familie, Brüder und Schwestern, durch Gottes Sohn in die Familie aufgenommen und adoptiert. – Davon hätten Adam und Eva nie zu träumen gewagt. Gott drückt nicht den ReSet-Knopf, keine neue Staffel oder Neuauflage, sondern eine völlig neue und unglaubliche Geschichte. Gott wird einer von uns, damit wir für immer zu ihm gehören. Er schließt das Paradies wieder auf und öffnet den Zugang zum Baum des Lebens neu, für uns, und sogar gratis, Eintritt frei! Kein Wunder, dass Adam und Eva der Mund offen steht. Denn so kannten sie Gott bisher noch nicht. Er hatte es sich noch mal anders überlegt, nach all dem Frust, nach all den Respektlosigkeiten und der selbstzerstörerischen Art seiner Menschen, fängt Gott noch mal von vorne an, mit einem völlig neuen, waghalsigen Konzept. Er wird ein Mensch. Und dieser neue Weg wird am Ende nicht Adam und Eva, sondern ihn das Leben kosten. Tatsächlich – Liebe! Das muss es sein. Dass Gott sich so sehr nach uns Menschen sehnt, nach Dir.

So dass er uns an Heilig Abend sagt: Fürchtet euch nicht. Die große Freude kommt! Und damit redet Gott Adam und Eva hier mitten ins Herz. Fürchtet euch nicht! Das ist die Botschaft des Engels an die Hirten und an uns alle. Fürchtet euch nicht! Denn euch ist heute der Heiland geboren, der Erlöser und Befreier, der den Weg öffnet ins Paradies, also in die Lebensgemeinschaft mit Gott. Fürchtet euch nicht!! Dabei – das muss man wissen, um die Tiefe und die Wucht dieses Satzes zu begreifen – dabei war die Furcht die erste tiefste menschliche Empfindung nach dem Vertrauensbruch in Gottes Garten. So wird es in der Urgeschichte erzählt. Sie konnten nicht mehr zu sich selber stehen, sie verhüllten und verbargen sich in selbstgemachten Kleider, und sie versteckten sich im Unterholz … denn sie fürchteten sich! So steht es da. Die Furcht vor Gott; die Furcht vor dem Entdecktwerden – wenn jemand sieht, wie ich wirklich bin; die Furcht vor einer ungewissen Zukunft und vor allem Neuen, Fremden; die Furcht vor Strafe und die Furcht vor mir selbst – weiß ich, wozu ich fähig bin? Und die Furcht vor dem Schmerz, den andere mir und den ich anderen zufüge; die Furcht vor dem Sterben und die Furcht vor dem Leben … Und da sagt Gott anders als damals in der Urgeschichte zu Adam und Eva: Fürchtet euch nicht! Fürchtet euch nicht! Das sagt auch Jesus Christus später immer wieder, im Sturm auf dem See und nachdem er den Tod entmachtet hat: Fürchtet euch nicht!

 

Auch wenn es Leute gibt, die durch den Terror genau das erreichen wollen. Dennoch: Fürchtet euch nicht! Auch wenn es Leute gibt, die durch Gerüchte und durch Lügen Ängste säen wollen. Dennoch und erst recht: Lasst euch nicht bange machen! Auch wenn die Kräfte und politischen Gewichte sich in unserer Welt verschieben. Auch wenn das Klima rauher wird und hitziger und wenn die Hass- und Falschmeldungen unseren Zusammenhalt beschädigen. Dennoch und erst recht: Fürchtet euch nicht! Verbündet euch hier in der christlichen Gemeinde. Mischt euch in die Debatten ein, dass wir den Schreiern nicht das Feld überlassen. Seid furchtlos ehrlich und liebevoll ehrlich und fangt in euren Partnerschaften und in den Familien an. Habt Adam lieb – also die Menschen alle. Habt Eva lieb, also das Leben – jedes Leben. Und scheut euch nicht, klein anzufangen, so wie Gott in Jesus Christus, immer wieder. Mach’s wie Gott und werde Mensch! Bei Christus, an der Krippe, gibt es alles, was Du dazu brauchst. Gib Dich ihm, mit Haut und Haaren und mit Deiner Furcht. Und empfang Dich neu aus seiner Hand.

Einfach mit Gott reden

Sieben Tage beten rund um die Uhr – 24/7 Prayer

 

„Können wir nicht einfach reden? Ich brauch‘ jemanden zum Reden, der versteht, der zu mir steht!“, singt Norbert Gatz im Park and Pray Gottesdienst am vergangenen Sonntag in unserer Evangelischen Johanneskirche. Und darum ging es in diesem besonderen Gottesdienst: Einfach mit Gott zu reden, mit einfachen Worten und unfertigen Sätzen. Und darum geht es auch in der ganzen kommenden Woche im Gebetsraum im Gemeindezentrum, in dem Christen aller Konfessionen mit Gott reden und „Beten neu entdecken“ dürfen. Dies Motto prägte Lieder, Zitate, Predigt und Gebete des Gottesdienstes und steht über der Herbstferienwoche, in der im Gemeindesaal „24/7“ sieben Tage lang rund um die Uhr die Möglichkeit zum Gebet besteht. Der Raum ist liebevoll eingerichtet und dekoriert mit Nischen und Stationen, die Lust machen auf das Gespräch mit Gott, zum Singen, Schweigen, Basteln, Malen, Tanzen, Klagen, Bibellesen, Danken und Bitten. An zentraler Stelle ist ein Zelt aufgebaut, schon zu biblischen Zeiten ein Ort der Gottesbegegnung. „Es steht für den Rückzugsort zur Begegnung und innigen Gemeinschaft mit Gott und gleichzeitig dafür, dass wir unterwegs sind und das Gebet mit ins Leben nehmen.”, erläutert Pfarrer Götz Häuser in seiner Predigt. „Beten lernt man wie Fahrrad fahren oder Schwimmen, indem man es tut!“, ist er überzeugt und lädt daher herzlich alle Gottesdienstbesucher und ebenso alle interessierten Christen ein, verschiedene Gebetsformen in der kommenden Woche tagsüber oder auch nachts auszuprobieren. „Tragen Sie sich bald in die Listen ein!“, ermuntert die Organisatorin der Gebetswoche Alexandra Unverhau. „Die meisten möchten ein zweites Mal kommen, denn beten macht Spaß!“, weiß sie aus Erfahrung. Im Gemeindezentrum hängt eine Liste, in der sich jede/r Interessierte in die noch freien Zeiten eintragen kann. Morgens zwischen 8.00 und 9.00 Uhr kann man auch unangemeldet kommen, ebenso abends zwischen 18.00 und 19.00 Uhr.

„Der Herr segne dich, behüte dich!“ Mit diesem gesungenen Gebet endet der Gottesdienst, und beim anschließenden Kirchenkaffee nutzen viele Gemeindeglieder die Gelegenheit, den Gebetsraum anzusehen und sich Zeiten zu reservieren.

Laufen mit Herz

Laufen mit Herz

Herrlichstes Spätsommerwetter herrschte am vergangenen Sonntag, als 28 Spendenläuferinnen- und läufer der Evangelischen Kirchengemeinde mit vielen anderen Freizeitportlern beim Baden-Marathon durch Karlsruhe liefen. Am Ende hatten sie zusammen 435 Kilometer in den Beinen und reichlich geschwitzt. Doch alle Mühe hatte sich gelohnt. „Wir waren ein herrlich bunte Truppe“, meint Pfarrer Häuser, „der Jüngste elf, der Älteste über sechzig Jahre alt, Männer und Frauen, Anfänger und Fortgeschrittene, schnelle und gemütliche Läufer, Leute aus Bühl und ein persischer Flüchtling. So bunt wie unsere Gemeinde, für die wir unterwegs waren“. Und am Ende stimmt nicht nur das Spendenergebnis für die Stelle der Kinder- und Familiendiakonin Ute Gatz. Die Stimmung war so gut, dass die meisten auch 2017 wieder dabei sein wollen.

Alle eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch.

Predigt am Sonntag, 04. September 2016

Pfarrer i.R. Reiner Lichdi

Unter Gottes Hand leben

Predigttext: 1.Petrus 5,5c-11:

„Alle aber miteinander haltet fest an der Demut; denn Gott widersteht den Hochmütigen, aber den Demütigen gibt er Gnade.So demütigt euch nun unter die gewaltige Hand Gottes, damit er euch erhöhe zu seiner Zeit.Alle eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch.Seid nüchtern und wacht; denn euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlinge.Dem widersteht, fest im Glauben, und wisst, dass ebendieselben Leiden über eure Brüder in der Welt gehen.
Der Gott aller Gnade aber, der euch berufen hat zu seiner ewigen Herrlichkeit in Christus Jesus, der wird euch, die ihr eine kleine Zeit leidet, aufrichten, stärken, kräftigen, gründen.
Ihm sei die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen. „

 

Was wir eben gehört haben, ist ein Abschnitt aus einem Rundschreiben an die frühen christlichen Gemeinden. Verfasst in der Autorität des Apostels Petrus. Als dieser Brief geschrieben wurde, waren die Christen im Römischen Reich eine Minderheit. Sie wurden verspottet, angefeindet, verfolgt, getötet. Der Druck von außen, von der heidnischen Bevölkerung wurde immer stärker. … Werden die Christen dabeibleiben, die Gemeinden durchhalten, überleben? Das ist die entscheidende Frage! Darum muss der Glaube gefestigt, müssen die Christen auf dem neuen Weg gestärkt werden.

Glaubensstärkung haben auch wir nötig, liebe Gemeinde. Gewiss, wir leben in einer anderen Zeit und unter anderen Verhältnissen. Aber wir leben in einer Zeit starker gesellschaftlicher und politischer Veränderungen. Verändert hat sich die Bevölkerung, die Kommunikation, die Parteienlandschaft. Verändert hat sich auch der Einfluss der Kirchen.  Christsein ist heute auch nicht mehr selbstverständlich. Wir Christen sind in der Minderheit. Gottvergessenheit, Gleichgültigkeit und Anfeindungen nehmen zu.  Verunsicherung macht sich breit. So stellt sich die Frage: Wie können wir, die jüngeren und auch die älteren Christen in einer sich veränderten Welt unseren Weg gehen? Wie in den Gefahren bestehen?

>  Drei wichtige Orientierungshilfen  werden uns mit auf den Weg gegeben:

  1. Demütigt euch unter Gottes Hand! / Habt Mut zur Demut

Das klingt nicht gut in unseren Ohren. Wir denken dabei an unliebsame Herrschaftsstrukturen: einer sitzt oben, und ich bin unten. Einer gibt den Ton an, und ich muss folgen. Nein! Mit Demut kann man heute niemanden mehr begeistern. Was die Menschen brauchen, sind starke Ellenbogen, um sich durchzusetzen. Mit Demut kommt man nicht weiter! So etwa könnte ich mir eine erste Reaktion vorstellen!

Damit hätten wir das Anliegen unseres Predigtwortes missverstanden. Bei Demut geht es weder um falsche Bescheidenheit noch um fatalistische Resignation. Nicht um eine unterwürfige oder duckmäuserische Haltung gegenüber den Menschen. Sondern um die Beziehung zu Gott.

„Demütigt euch!“, „habt Mut zur Demut“, das heißt: Rechne in deinem Leben mit Gott. Verstehe, dass er dir in dem, was du heute erlebst, in dem, was dich glücklich macht, oder was dich verunsichert, etwas Wichtiges sagen will. Wenn du unter Schwierigkeiten, unter Leiden und Versagen, unter Stress stöhnst, so sieh darin nicht nur etwas, was dich im Leben stört. Sondern erkenne auch in den schweren Tagen die starke Hand Gottes, die dich führt, die dich prägen und stärken will. Der Pfarrer und Theologe Dietrich Bonhoeffer, schreibt aus seiner Zeit der Haft:

„Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage soviel Widerstandskraft geben will, die wir brauchen. Aber er gibt sie uns nicht im voraus, damit wir uns nicht auf uns selbst, sondern allein auf ihn verlassen.“ > Das ist nicht Schwäche, sondern Stärke!

„Allein auf Gott sich verlassen?“ – ja! Gibt es doch auch andere Verhaltensweisen. Da ist das Gegenstück von Demut: der Stolz, die Arroganz, der Hochmut, ein überzogenes Selbstbewusstsein. Oder es ist die andere Spielart, mit dem man Gott aus vielen Bereichen des Lebens und der Gesellschaft verdrängt. Selbst den Schöpfer spielen will.

Vor einer solchen Anmaßung warnt der Apostel sehr deutlich. Er sagt: „Täuscht euch nicht! Gottes Hand ist gewaltig! Sie stößt „den Hochmütigen vom Thron“.  Ein Blick in die Geschichte der letzten 70 Jahre zeigt dies: 1945: Zusammenbruch des 1000-jährigen Reiches. 1989/1990: fallen kommunistische Regierungen in sich zusammen.

Wie viel Hochmut von einzelnen Menschen, von Völkern und Gruppen ist während dieser Zeit zerbrochen! Der Mensch ist nicht das Maß aller Dinge! Forscher, Wissenschaftler und Politiker haben eine besondere Verantwortung vor der letzten Instanz! „Gott widersteht dem Stolzen, aber denen, die sich bewusst unter seine Hand stellen, gibt er Gnade.“

Gottes starke Hand, liebe Gemeinde, ist die Hand, die uns leitet, die trägt und segnet. Es ist eben nicht die Kralle, die uns anpackt oder vernichten will. Darum kann ich darauf vertrauen, dass Gott uns erhöht zu seiner Zeit.“ „Zu seiner Zeit“, das heißt: Wann und wie Gott aus der Not, aus dem Leiden mich herausholt, das bleibt seine Sache. Aber wir haben seine Zusage, dass er es tun wird. Dass er uns trägt, hindurchträgt. Darin bewährt sich mein Glaube, dass ich mein Geschick, meinen Lebenslauf annehme. Dass ich mich versöhne mit dem, was Gott in meinem Leben geschehen lässt an Schwerem, an Verwundungen, an Verletzungen. Damit beginnt auch Heilung .

Demut meint aber auch etwas ganz Praktisches. Demut meint Diene-Mut. Das schlichte Da-Sein für andere. So etwas wie eine diakonische Gesinnung ist damit gemeint. Nicht nur mit Worten, sondern auch mit kleinen Taten kann und wird sich das Christsein bewähren, wer-den wir andere Menschen überzeugen. Es gibt in jeder Familie, am Arbeitsplatz und auch in der Gemeinde Aufgaben und Tätigkeiten, die anderen helfen. – Unter Gottes helfender, heilender, gnädiger Hand leben, was das erste und als zweites wird uns gesagt:

  1. Überlasst eure Sorgen Gott!

Wir alle kennen die Redewendung: „Ich mache mir Sorgen.“ Viele unter uns, in unserer Gemeinde, machen sich Sorgen, haben Sorgen: Sorgen um die Gesundheit, Geldsorgen, Schulsorgen. Eltern machen sich Sorgen um ihre Kinder, Kinder um die altgewordenen Eltern. In der Kirche machen wir uns Sorgen um den rechten Kurs, um das richtige Bibelverständnis. – Sorgen sind da und drücken. Sorgen und Angst sind aktuell.  Probleme wie Terror, Krieg, Überbevölkerung und Hunger, Flüchtlinge, Christenverfolgungen, Umweltzerstörung und Klima-Katastrophe beschäftigten uns. Normale Sorge hilft uns aber vorzusorgen und recht zu leben. Zu starke Sorge lähmt und „frisst die Seele auf.“

Aber nun wird uns gesagt: Ihr braucht euch von den Sorgen des Tages nicht niederdrücken lassen. „Gott sorgt für euch.“ Er kümmert sich um euch. Wir liegen also Gott am Herzen. Er steht für uns ein. – Weil ich das gehört und verstanden habe, werde ich die Kunst, die Sportart des „Sorgen-Werfens“ üben. Werfen, das ist eine sportliche Bewegung, ein Kraftakt, ein Akt der Befreiung. Werfende müssen etwas loslassen, sonst wird aus dem ganzen Wurf nichts. Und wie der Kugelstoßer seinem Wurf nachsieht, so hoffentlich auch wir. Er hat sich von der Kugel getrennt, er atmet durch.

Ich werde, wenn mich morgens den Tag beginne nicht sagen: HERR, wie schwierig, wie problematisch wird dieser Tag wieder werden.“ Nein! Ich mache es umgekehrt und sage vielmehr: „Herr, dieser Tag, meine Arbeit, meine Familie, meine Gedanken, alles, was mich beschäftigt, gebe ich in Deine Hand. Du sorgst für mich. Du gibst mir die nötige Kraft und gute Nerven. Darauf kann ich  hoffen! Nicht, dass damit alle Probleme weggewischt wären! Doch es wächst Vertrauen. Das macht mich frei und froh für den nächsten Schritt, frei für den Tag. Sie beflügeln uns, stärken den Glauben.

Unter Gottes Regie leben, das war die erste Orientierungshilfe. Von Sorgen entlastet, unter Gottes Fürsorge leben, ist  die zweite. Und als dritte Orientierungshilfe wird uns gesagt:

 

III.  Bleibt besonnen und wachsam!

„Macht euch locker und bleibt dabei immer hellwach!“ (Volxbibel) Das bedeutet zunächst einmal: Schätzt eure Lage richtig ein! Hinter dem Leid und den Rätseln und der Not steht eben nicht nur die bewahrende Hand Gottes. Es droht die Kralle des Widersachers. Das NT nennt ihn „diabolos“. Es meint den, der die Schöpfung durcheinander wirft, der Menschen zum Abfall von ihrem Schöpfer verführen will. – Der Widersacher ist eine Realität! Auf Schritt und Tritt begegnen wir seinen Spuren. Wir brauchen nur in unser eigenes Herz sehen, wie einiges durcheinander läuft. In schwierigen Lebenssituationen, wartet der Gegenspieler darauf, dass Menschen im Leiden bitter werden, verzweifeln, von Gott abfallen. Gerade dann kann die letzte Bitte des Vaterunsers besonders wichtig sein: „Bewahre uns in der Versuchung und erlöse uns von dem Bösen.“

Der Teufel ist eine knallharte Wirklichkeit. Er ist nicht immer sofort erkennbar. Er kommt manchmal im Gewand des verständnisvollen Zeitgenossen oder des Verführers. Er tarnt sich auch heute zuweilen intelligent.  Deutlicher sind seine Spuren zu erkennen, wenn wir in die Tages-zeitungen hineinschauen, den Fernseher oder Smart-Phons anstellen. Tag für Tag flimmern Bilder von Gewalt, von Täuschung, von Gier und Lebenszerstörung auf.  Nisten sich in den Gehirnen unzähliger Menschen ein. So beschreibt und belegt der Psychologe und Neurowissenschaftler Manfred Spitzer in seinem Buch „Cyberkrank“ wie das digitalisiere Leben die Gesundheit vieler Menschen ruiniert, wie soziale Bezüge und persönliche Zuwendungen reduziert werden. Vieles durcheinander gewirbelt wird. Dem widerstehet!

Ich frage: Müssten wir uns nicht der schleichenden Zersetzung menschlicher und christlicher Werte widersetzen? Das könnte bedeuten: Leser- und Zuschauerbriefe an die verantwortlichen Redaktionen schreiben; sich als Christen engagieren in Schulen, Vereinen und demokratischen Parteien. Für den Glauben eintreten. Und auch öfters von dem Guten reden, das tausendfach in unseren Gemeinden und in der Diakonie geschieht. – Standhaftigkeit im Glauben und im Gewissen ist heute gefragt, lebensnotwendig!

Eine solche Haltung kostet Kraft und Energie. Woher bekommen wir sie? „Von dem Gott aller Gnade, der euch berufen hat zu seiner ewigen Herrlichkeit in Christus Jesus.“ Berufen durch die Taufe, im Glauben lebend, werden wir von der starken Hand Gottes gehalten. Und niemand und nichts kann uns aus seiner Hand reißen. Er wendet sich uns zu in Jesus Christus, dem guten Hirten. „Ihm liegt an dir und mir!“

Jesus wirkt an uns und in uns. „Er wird euch, die ihr eine kleine Zeit leidet, aufrichten, stärken, kräftigen, gründen.“ Das gilt besonders den Brüdern und Schwestern, die in Nordkorea, in vielen afrikanischen und in islamisch dominierten Ländern um ihres Glaubens willen angefeindet, verfolgt werden.

Ihnen und auch uns gilt die große Zusage: Gott, von dem ihr so viel unverdiente Güte erfahrt, er wird euch aufbauen, wenn  Leid und Tränen euch niederdrücken. Er will uns stärken, wenn wir zweifeln, verunsichert sind. Er will uns kräftigen, wenn Hektik und Stress uns strapazieren. Er will  uns gründen auf dem Felsengrund seines Wortes. Und er will euch ans Ziel bringen. Euch in seine ewige Herrlichkeit aufnehmen. Unter diesem weiten Horizont können wir im Alltag von unserem Glauben reden und danach handeln. Froh und hoffnungsvoll auf unserm Lebensweg nach vorne schauen. Er wird  euch aufbauen, stärken, konfirmieren, auf festen Grund stellen. Gott wird es tun! Darauf können wir getrost und  zuversichtlich „Amen“ sagen!  „Und der Friede Gottes, des höher ist als alles, was wir   verstehen und begreifen, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.“ – Amen.