Adam und Eva an der Krippe, Predigt über Lukas 2,1-15, Christvesper 2016 / Johanneskirche Bühl

Immerhin haben die Beiden hier vorne was an, liebe weihnachtliche Gemeinde. Nicht wirklich besonders schick und passend zu den Fest- und Feiertagen: SIE ein sehr kurzes und sehr eng anliegendes Kleid und ER so eine Art Schürze. Aber immerhin haben die Beiden überhaupt was an. Denn das war nicht immer so. Ursprünglich nämlich liefen sie so herum wie Gott sie einst geschaffen hatte. Das ist eine uralte Geschichte. Aber ein wenig von dieser alten Geschichte soll heute erzählt werden. Denn die beiden Figuren, die ich in diesem Jahr aus dem Krippen-Ensemble herausgeholt habe (in absehbarer Zeit sind wir mit allen durch). Die beiden also, die heute hier im hellen Licht stehen dürfen auf dem Altar – diese Beiden sind nicht irgendein Mann und irgendeine Frau, sondern sozusagen jedermann und jedefrau. Es sind nämlich Adam und Eva, immerhin bekleidet.

Wie war das eben? Was hat er da gesagt? Manche kratzen sich jetzt (wenigstens so in Gedanken) mal am Kopf. Denn eigentlich haben wir im Reliunterricht schon aufgepasst. Und soweit wir die Bibel kennen, gehören Adam und Eva doch bitteschön ganz an den Anfang der biblischen Geschichte: 1. Buch Mose, Kapitel 1 bis 3. Das ist der Auftakt zur Bibel und zum Alten Testament. Weihnachten dagegen war ein paar Epochen später, vor gut 2000 Jahren nämlich, als das mit dem Neuen Testament anfing und mit der Jesus-Geschichte. Und wir sind hier doch im Weihnachtsgottesdienst? – Zweifellos! Und es stimmt natürlich: von Adam und Eva ist in den Geschichten von der Geburt Christi nirgendwo die Rede.

 

Und doch! Die Beiden gehören heute hierher. Sie gehören tatsächlich zur Weihnachtsgeschichte dazu. In manchen Krippendarstellungen kann man sie entdecken, Adam und Eva, neben Hirten und Königen und andern Gestalten beim neugeborenen Jesuskind. Und – manche wissen es vielleicht noch: der 24. Dezember, Heilig Abend, ist der klassische Gedenktag und Namenstag für Adam und Eva, auch in der evangelischen Tradition. Und wenn wir schon dabei sind – der Christbaum steht seit jeher als Bild für den Paradiesbaum und für den Baum des Lebens, behängt mit roten Äpfeln oder später mit roten Kugeln. Da kommt tatsächlich unser Christbaum her, aus dem Paradies, sozusagen der jährliche Fleurop-Gruß von Adam und Eva. Wobei „Adam“ eigentlich kein Name ist, sondern einfach „Mensch“ bedeutet oder Menschheit. „Adamah“ ist im Hebräischen die „rote Erde“, so dass man Adam auch mit „Erdling“ übersetzen könnte. Und so sieht unsere Tonfigur auch aus. Entsprechendes gilt für „Eva“, auch kein Eigenname, sondern eher ein Sammelwort. Übersetzt heißt Eva: lebendig, die Lebendige!

 

Und so stehen sie hier vorne an der Krippe, Adam und Eva, zwei gewichtige Gestalten, also wirklich schwer. Ich hatte sie in den letzten Tagen in mein Arbeitszimmer verschleppt, um sie ein wenig besser kennenzulernen. Witzig übrigens, dass sie bei aller weiblich/männlichen Verschiedenheit sich doch so ähnlich sind. Beide halten Kopf ein wenig schief und nach links geneigt, also zum Herzen hin. Beide haben kräftige Hände, die was schaffen und anpacken können – vor der Krippe aber sind sie wie zum Gebet zusammengelegt. Und beide haben große Ohren. Obwohl das mit dem Hören und Gehorchen da am Anfang in der Urgeschichte ganz schön schief gegangen ist. – Aber was fangen wir jetzt mit diesen Beiden an, heute, am Heiligen Abend? Was machen wir mit Adam und Eva zum Weihnachtsfest? Was haben sie uns zu sagen? – Drei Antworten wie drei rote Äpfel, drei knackige und vitaminreiche Früchte gebe ich euch heute mit:

  1. mit Adam und Eva stehen wir alle an der Krippe Jesu; Gott zieht – und dafür stehen diese Beiden – Gott zieht alle Menschen in seine Geschichte mit hinein
  2. Gott fängt zum Christfest neu mit seinen krummen und verformten Menschen an, mit uns zerbrechlichen und angeschlagenen Menschen
  3. Und schließlich: Fürchtet euch nicht! Die Botschaft des Engels trifft vor allem Adam und Eva ins Herz

Aber und das ist das Zweite. Sie stehen auch für die Gemeinschaft der Beschenkten. Denn nur dazu stehen Adam und Eva mit all den anderen Leuten Schlange an der Krippe: es gibt Geschenke!! Und Gott fängt zum Weihnachtsfest neu an mit seinen so zerbrechlichen und angeschlagenen Menschen. Dabei hätte er diese etwas verformten Figuren ja auch wieder einstampfen können. Schönheitspreise kriegen die nicht. Er hätte sich nach all dem Ärger durchaus mit neuen Projekten beschäftigen können, irgendwo anders in seinem großen Universum. Hat er aber nicht. Im Gegenteil. Gott hat sich noch viel intensiver und noch inniger mit uns beschäftigt. Ja er hat sich schließlich völlig mit uns identifiziert. Er ist einer von uns geworden. Was für ein Statement! Was für ein Bekenntnis! Gott wird ein Mensch! Ja sogar: Gott wird ein Menschenkind, damit wir Menschen Gottes Kinder werden. Nicht mehr nur Geschöpfe, alle einzigartig kreiert auf Gottes Töpferscheibe. Sondern Kinder Gottes, wie sein Fleisch und Blut, Gottes Familie, Brüder und Schwestern, durch Gottes Sohn in die Familie aufgenommen und adoptiert. – Davon hätten Adam und Eva nie zu träumen gewagt. Gott drückt nicht den ReSet-Knopf, keine neue Staffel oder Neuauflage, sondern eine völlig neue und unglaubliche Geschichte. Gott wird einer von uns, damit wir für immer zu ihm gehören. Er schließt das Paradies wieder auf und öffnet den Zugang zum Baum des Lebens neu, für uns, und sogar gratis, Eintritt frei! Kein Wunder, dass Adam und Eva der Mund offen steht. Denn so kannten sie Gott bisher noch nicht. Er hatte es sich noch mal anders überlegt, nach all dem Frust, nach all den Respektlosigkeiten und der selbstzerstörerischen Art seiner Menschen, fängt Gott noch mal von vorne an, mit einem völlig neuen, waghalsigen Konzept. Er wird ein Mensch. Und dieser neue Weg wird am Ende nicht Adam und Eva, sondern ihn das Leben kosten. Tatsächlich – Liebe! Das muss es sein. Dass Gott sich so sehr nach uns Menschen sehnt, nach Dir.

Auch wenn es Leute gibt, die durch den Terror genau das erreichen wollen. Dennoch: Fürchtet euch nicht! Auch wenn es Leute gibt, die durch Gerüchte und durch Lügen Ängste säen wollen. Dennoch und erst recht: Lasst euch nicht bange machen! Auch wenn die Kräfte und politischen Gewichte sich in unserer Welt verschieben. Auch wenn das Klima rauher wird und hitziger und wenn die Hass- und Falschmeldungen unseren Zusammenhalt beschädigen. Dennoch und erst recht: Fürchtet euch nicht! Verbündet euch hier in der christlichen Gemeinde. Mischt euch in die Debatten ein, dass wir den Schreiern nicht das Feld überlassen. Seid furchtlos ehrlich und liebevoll ehrlich und fangt in euren Partnerschaften und in den Familien an. Habt Adam lieb – also die Menschen alle. Habt Eva lieb, also das Leben – jedes Leben. Und scheut euch nicht, klein anzufangen, so wie Gott in Jesus Christus, immer wieder. Mach’s wie Gott und werde Mensch! Bei Christus, an der Krippe, gibt es alles, was Du dazu brauchst. Gib Dich ihm, mit Haut und Haaren und mit Deiner Furcht. Und empfang Dich neu aus seiner Hand. So dass er uns an Heilig Abend sagt: Fürchtet euch nicht. Die große Freude kommt! Und damit redet Gott Adam und Eva hier mitten ins Herz. Fürchtet euch nicht! Das ist die Botschaft des Engels an die Hirten und an uns alle. Fürchtet euch nicht! Denn euch ist heute der Heiland geboren, der Erlöser und Befreier, der den Weg öffnet ins Paradies, also in die Lebensgemeinschaft mit Gott. Fürchtet euch nicht!! Dabei – das muss man wissen, um die Tiefe und die Wucht dieses Satzes zu begreifen – dabei war die Furcht die erste tiefste menschliche Empfindung nach dem Vertrauensbruch in Gottes Garten. So wird es in der Urgeschichte erzählt. Sie konnten nicht mehr zu sich selber stehen, sie verhüllten und verbargen sich in selbstgemachten Kleider, und sie versteckten sich im Unterholz … denn sie fürchteten sich! So steht es da. Die Furcht vor Gott; die Furcht vor dem Entdeckt werden – wenn jemand sieht, wie ich wirklich bin; die Furcht vor einer ungewissen Zukunft und vor allem Neuen, Fremden; die Furcht vor Strafe und die Furcht vor mir selbst – weiß ich, wozu ich fähig bin? Und die Furcht vor dem Schmerz, den andere mir und den ich anderen zufüge; die Furcht vor dem Sterben und die Furcht vor dem Leben … Und da sagt Gott anders als damals in der Urgeschichte zu Adam und Eva: Fürchtet euch nicht! Fürchtet euch nicht! Das sagt auch Jesus Christus später immer wieder, im Sturm auf dem See und nachdem er den Tod entmachtet hat: Fürchtet euch nicht!

In dieser Not- und Schicksalsgemeinschaft gehören wir Menschen alle zusammen. Und es ist wichtig, das in unseren unruhigen Zeiten und in den Tagen neuer nationalstolzer Töne wieder zu begreifen. Denn freilich bin ich gerne Deutscher, und ich mag den Ort, an dem ich lebe, und das Land und seine Menschen, und ich darf auch meine Lebensart und vor allem meine Familie und unsere Lebensgemeinschaft hier schützen. Aber es gibt doch im Ernst keinen Grund dafür, dass wir uns über irgendein Land, über irgendein Volk, irgendeine Kultur oder eine Religion erheben: die Mexikaner oder die Tunesier, früher waren es die Franzosen. Für die Not- und Schicksalsgemeinschaft aller Menschen stehen Adam und Eva heute zur Erinnerung hier an der Krippe. Denn das Christentum war von Anfang an grenzüberschreitend und grenzüberwindend in einer großen mitmenschlichen Solidarität – die Solidarität der Sünder, die Solidarität der verletzenden und verletzlichen Menschen. Dafür stehen Adam und Eva!

Mit Adam und Eva stehen wir alle an der Krippe Jesu; Gott zieht – und dafür stehen diese Beiden – Gott zieht alle Menschen in seine Geschichte mit hinein. Entsprechend werden wir es nachher nämlich miteinander singen: Ich steh an Deiner Krippen hier … Ich steh dort auch. Denn Adam steht für jeden Menschen. Und Eva steht für jeden Menschen. Es ist in Wahrheit unsere Geschichte, die zu Beginn in der Bibel erzählt wird. Es ist die menschliche Geschichte überhaupt. Die Geschichte der zerbrochenen Beziehungen; die Geschichte des Misstrauens und des Verrats; die Geschichte von verletzten Grenzen und von Schuld und Scham; die Geschichte des Neids und meiner Furcht, zu kurz zu kommen. Es ist unsere ureigene Geschichte. Adam und Eva stehen stellvertretend für uns alle. Schon darum ist das mit „die Eva war’s“ – also „die Frau ist schuld“ und „hätte sie sich nicht bequatschen lassen“ oder „hätte Adam damals nicht“ – dieser ganze Verschiebebahnhof ist dummes Zeug und zeigt nur umso deutlicher wie wir Menschen alle ticken und wie wir verbunden sind miteinander.

In dieser Not- und Schicksalsgemeinschaft gehören wir Menschen alle zusammen. Und es ist wichtig, das in unseren unruhigen Zeiten und in den Tagen neuer nationalstolzer Töne wieder zu begreifen. Denn freilich bin ich gerne Deutscher, und ich mag den Ort, an dem ich lebe, und das Land und seine Menschen, und ich darf auch meine Lebensart und vor allem meine Familie und unsere Lebensgemeinschaft hier schützen. Aber es gibt doch im Ernst keinen Grund dafür, dass wir uns über irgendein Land, über irgendein Volk, irgendeine Kultur oder eine Religion erheben: die Mexikaner oder die Tunesier, früher waren es die Franzosen. Für die Not- und Schicksalsgemeinschaft aller Menschen stehen Adam und Eva heute zur Erinnerung hier an der Krippe. Denn das Christentum war von Anfang an grenzüberschreitend und grenzüberwindend in einer großen mitmenschlichen Solidarität – die Solidarität der Sünder, die Solidarität der verletzenden und verletzlichen Menschen. Dafür stehen Adam und Eva!

Aber und das ist das Zweite. Sie stehen auch für die Gemeinschaft der Beschenkten. Denn nur dazu stehen Adam und Eva mit all den anderen Leuten Schlange an der Krippe: es gibt Geschenke!! Und Gott fängt zum Weihnachtsfest neu an mit seinen so zerbrechlichen und angeschlagenen Menschen. Dabei hätte er diese etwas verformten Figuren ja auch wieder einstampfen können. Schönheitspreise kriegen die nicht. Er hätte sich nach all dem Ärger durchaus mit neuen Projekten beschäftigen können, irgendwo anders in seinem großen Universum. Hat er aber nicht. Im Gegenteil. Gott hat sich noch viel intensiver und noch inniger mit uns beschäftigt. Ja er hat sich schließlich völlig mit uns identifiziert. Er ist einer von uns geworden. Was für ein Statement! Was für ein Bekenntnis! Gott wird ein Mensch! Ja sogar: Gott wird ein Menschenkind, damit wir Menschen Gottes Kinder werden. Nicht mehr nur Geschöpfe, alle einzigartig kreiert auf Gottes Töpferscheibe. Sondern Kinder Gottes, wie sein Fleisch und Blut, Gottes Familie, Brüder und Schwestern, durch Gottes Sohn in die Familie aufgenommen und adoptiert. – Davon hätten Adam und Eva nie zu träumen gewagt. Gott drückt nicht den ReSet-Knopf, keine neue Staffel oder Neuauflage, sondern eine völlig neue und unglaubliche Geschichte. Gott wird einer von uns, damit wir für immer zu ihm gehören. Er schließt das Paradies wieder auf und öffnet den Zugang zum Baum des Lebens neu, für uns, und sogar gratis, Eintritt frei! Kein Wunder, dass Adam und Eva der Mund offen steht. Denn so kannten sie Gott bisher noch nicht. Er hatte es sich noch mal anders überlegt, nach all dem Frust, nach all den Respektlosigkeiten und der selbstzerstörerischen Art seiner Menschen, fängt Gott noch mal von vorne an, mit einem völlig neuen, waghalsigen Konzept. Er wird ein Mensch. Und dieser neue Weg wird am Ende nicht Adam und Eva, sondern ihn das Leben kosten. Tatsächlich – Liebe! Das muss es sein. Dass Gott sich so sehr nach uns Menschen sehnt, nach Dir.

So dass er uns an Heilig Abend sagt: Fürchtet euch nicht. Die große Freude kommt! Und damit redet Gott Adam und Eva hier mitten ins Herz. Fürchtet euch nicht! Das ist die Botschaft des Engels an die Hirten und an uns alle. Fürchtet euch nicht! Denn euch ist heute der Heiland geboren, der Erlöser und Befreier, der den Weg öffnet ins Paradies, also in die Lebensgemeinschaft mit Gott. Fürchtet euch nicht!! Dabei – das muss man wissen, um die Tiefe und die Wucht dieses Satzes zu begreifen – dabei war die Furcht die erste tiefste menschliche Empfindung nach dem Vertrauensbruch in Gottes Garten. So wird es in der Urgeschichte erzählt. Sie konnten nicht mehr zu sich selber stehen, sie verhüllten und verbargen sich in selbstgemachten Kleider, und sie versteckten sich im Unterholz … denn sie fürchteten sich! So steht es da. Die Furcht vor Gott; die Furcht vor dem Entdecktwerden – wenn jemand sieht, wie ich wirklich bin; die Furcht vor einer ungewissen Zukunft und vor allem Neuen, Fremden; die Furcht vor Strafe und die Furcht vor mir selbst – weiß ich, wozu ich fähig bin? Und die Furcht vor dem Schmerz, den andere mir und den ich anderen zufüge; die Furcht vor dem Sterben und die Furcht vor dem Leben … Und da sagt Gott anders als damals in der Urgeschichte zu Adam und Eva: Fürchtet euch nicht! Fürchtet euch nicht! Das sagt auch Jesus Christus später immer wieder, im Sturm auf dem See und nachdem er den Tod entmachtet hat: Fürchtet euch nicht!

 

Auch wenn es Leute gibt, die durch den Terror genau das erreichen wollen. Dennoch: Fürchtet euch nicht! Auch wenn es Leute gibt, die durch Gerüchte und durch Lügen Ängste säen wollen. Dennoch und erst recht: Lasst euch nicht bange machen! Auch wenn die Kräfte und politischen Gewichte sich in unserer Welt verschieben. Auch wenn das Klima rauher wird und hitziger und wenn die Hass- und Falschmeldungen unseren Zusammenhalt beschädigen. Dennoch und erst recht: Fürchtet euch nicht! Verbündet euch hier in der christlichen Gemeinde. Mischt euch in die Debatten ein, dass wir den Schreiern nicht das Feld überlassen. Seid furchtlos ehrlich und liebevoll ehrlich und fangt in euren Partnerschaften und in den Familien an. Habt Adam lieb – also die Menschen alle. Habt Eva lieb, also das Leben – jedes Leben. Und scheut euch nicht, klein anzufangen, so wie Gott in Jesus Christus, immer wieder. Mach’s wie Gott und werde Mensch! Bei Christus, an der Krippe, gibt es alles, was Du dazu brauchst. Gib Dich ihm, mit Haut und Haaren und mit Deiner Furcht. Und empfang Dich neu aus seiner Hand.